Beim Lesen des Titels stellt sich die Frage, was jemand, der die Hoffnung längst aufgegeben hat, zu schreiben habe; außer mir vielleicht noch einmal die Sinnlosigkeit meines Daseins klar zu machen. [...] Man taucht leicht in die ersten Zeilen ein und ist auch sehr schnell - zu schnell - am Ende, da weder Interpunktion noch Großbuchstaben den Lesefluß stocken lassen. Dem Autor der schwarzen Monologe ist der Gleichklang von Form und Inhalt seiner Texte wichtig und beinahe durchgehend geglückt. Meine Befürchtungen, nach der Lektüre depressiv in den Sessel zu sinken, sah ich nicht bestätigt. Ganz anders. Hier begegnet uns ein sehr bodenständiger Autor, der sich am Alltag in der Provinz reibt, der Eindrücke dort wahrnimmt, wo er selbst lebt. Scheinbar Belangloses wird literarisch verarbeitet und kritisch reflektiert. Im Gedicht Turmspringerin schafft er mühelos den Spagat zwischen alten Kyffhäuser-Sagen, DDR-Geschichte und seiner Befindlichkeit im heutigen Deutschland. [...] Die Geschichten seiner gescheiterten Helden werden viel zu kraftvoll berichtet, als dass man wirklich glauben mag, dass er die Hoffnung aufgegeben habe. Einige, fast aggressive Ausdrücke verraten eine starke Sehnsucht nach Sinn und Action. Der Schein trügt. Barbara Rossa setzt sich nicht nur mit seinem unmittelbaren Lebensumfeld auseinander, sondern betritt auch ein thematisch neues Feld - die Auseinandersetzung mit dem Tod. In unserer abendländischen Gesellschaft ist der Tod schon stark aus dem alltäglichen Bewußtsein verdrängt worden, und es kann schon als mutig bezeichnet werden, sich heute literarisch damit zu beschäftigen. Missverständnisse und Ablehnung werden wohl eher zu ernten sein, als die Einsicht, dass das Sterben untrennbar zum Leben gehört.

In "Fliegende Blätter", Oktober 2000