"bloß" - das ist nicht bloß ein mit Fotoillustrationen versehenes Gedichtbändchen. In dem so schlicht betitelten Buch, das dieser Tage im Leipziger Forum Verlag erscheint, verschmelzen Texte und Bilder sozusagen zu einer Einheit. Lyrik, die einfach in keine Schublade passen will, von den Literaturinstitut-Absolventen Gerald Höfer aus Sondershausen und Karlheinz Sydoruk aus Cottbus traf genau den Nerv der extravaganten freiberuflich tätigen Erfurter Fotografin Andrea Schicker. Skurrile, teilweise recht depressive und abschreckende Bilder lichten die gegenwärtig desolate Situation in dieser Gesellschaft ab, und mit aggressiven Textbruchstücken beschrieben und umrahmt, zeichnen sie eine ziehmlich düstere Zukunftsvision.
In den immer wiederkehrenden, immer wieder von Neuem aufgegriffenen sich allmählich steigernden Themen Landschaft, Akt, Alltag, Abstraktheit wird dem Betrachter nichts erspart, wird bloßgelegt und entblößt, ohne dabei den Anspruch zu erwecken, alles auszusprechen. "bloß" läßt unheimlch viel offen, hinterläßt Gefühle, die von innen heraus zu verstehen versuchen, die sich aber nicht so einfach beschreiben lassen.
Nicht nur bloße Sprachlosigkeit, nicht bloß Bedrückendes bleibt nach der Auseinandersetzung mit derart ungewohnter Text-Bild-Komposition, sondern auch reichlich Ermutigung. Bei aller schonungslosen Anklage, bei aller ernüchternder Bestandsaufnahme einer hoffnungslos verkommenen, gewalttätigen Menschheit, einer völlig aus dem Gleichgewicht gebrachten Natur scheint doch eine Hoffnung zu bestehen: "...nichts ist verloren solange wir da sind"!
In: Thüringen Journal, 07/1990